Stecher: Krauss, Johann Ulrich (1655-1719)
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Radierung; H. 13,6 x Br. 23,0 cm; beschnitten; rechts unten ein Stück abgerissen. Stecher: Johann Ulrich Kraus (Augsburg 23.6. I 655-16.7.17 19). Quellen: Kebes (l.Jh. n. Chr.), Pinax; Ovid, Metamorphosen I, 193; XI, 89; XIV, 637 (Satyrnzug); I, 689-700 (Pan und Syrinx). Inschrift (Unten): Virtus est vitium fugere.

Das Lob der Tugend wird in mythologischer Einkleidung vorgeführt. Satyrn und Nymphen eines lärmend-lüsternen Zuges versuchen, die bekleidete Frau im Zentrum vom tugendhaften Weg wegzuzerren und zum erotischen Laster zu verleiten. Gespannt beobachten die lüsternen und efeubekränzten Satyrn hinter einem Baum, dessen Rinde selbst schon faunisch-groteske Züge trägt, die Szene. Ein kleiner Satyr und eine Nymphe im Typ der "Venus Pudica" bemühen sich, die Frau an der Flucht zu hindern, während die ausgelassene Satyrn- und Nymphengruppe unaufhaltsam an einem am Boden liegenden erschöpften Mann vorbei in Richtung eines bettartigen Gestells im rechten Blattteil stürmt. Im Gegensatz zu anderen Tugendallegorien (Herkules am Scheideweg, Cebes-Tafel [Tugendweg zur Glückseligkeit], Psychomachien) ist das moralische Leitmotiv des Blattes nur aus der Inschrift ablesbar ('Tugendhaft ist es, das Laster zu fliehen"). Die mythologische Grundlage bilden Erzählungen über von Satyrn verfolgte Nymphen (vgl.: Pan und Syrinx). Deutlich zeigt Johann Ulrich Kraus klassische Elemente, die sich etwa im reliefhaften Aufbau der quasi-poussinesken Komposition äußern.

G. M. Lechner, W. Telesko

Lit.: Thieme-Becker 21 (1927) 440-443; - LCI 3 (1971) 15-27; - Hollstein XIX (1976) Nr. 1321-1420 (S. 152); - Pigler II, 479f - Hunger 261-264, 320f; Henkel-Schöne, Emblemata 1549-1553; Otto Reichl, Die Illustrationen in vier geistlichen Büchern des Augsburger Kupferstechers Johann Ulrich Krauss (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 294), Straßburg 1933.